Verhindern Gänse ein Baugebiet? Bremsen Fledermäuse Autos? Mediale Kriegsrhetorik gegen einen nicht vorhandenen Feind

13.02.2016 21:13

Der moderne Mensch hat ein problematisches Verhältnis zur Natur und zum Umweltschutz. Nirgends wird das deutlicher als in der medialen Kriegsrhetorik, wenn es um vermeintliche Konflikte zwischen menschlichen Interessen und den Belangen des Naturschutzes geht. Gestern fand ich diesen Artikel in den Lübecker Nachrichten, der eine Bedrohung durch ein Wäldchen (!) heraufbeschwört...

Wie kann man in Zeiten von Klimaerwärmung und weltweiter Entwaldung, Vernichtung des Regenwalds, Auslöschung von Tausenden Tier- und Pflanzenarten, explosionsartig sich ausbreitenden Flächenfraßes und Flächenversiegelung von "Bedrohung" durch ein Wäldchen sprechen?

Für mich ist diese Kriegsrhetorik ein Ausdruck nicht nur schlimmster Ignoranz, sondern vor allem auch der Absicht, das künstliche geschaffene Gegensatzpaar "Naturschutz vs. Menscheninteressen" im Denken der Menschen immer tiefer zu verankern. Feindbilder sind den Medien immer willkommen, sie emotionalisieren und fördern den Konsum des medialen Produkts.

Im Dezember 2014 titelte die LN reißerisch: "Lauenburgische ist Einfallstor für Wölfe" - nachdem einmal ein Wolf durch den Landkreis spazierte.

In einer LN-Ausgabe wurden Gänse bezichtigt, ein Baugebiet zu "verhindern". - Und Fledermäuse legen durch Tempobeschränkungen angeblich "das halbe Land lahm". Beinahe täglich finden sich ähnliche Formulierungen in der Tagespresse.

Kriegsrhetorik ist auch an der Tagesordnung, wenn es um den Winter - eigentlich eine ganz normale Jahreszeit - geht. Da ist immer von "gerüstet sein" die Rede, als ob wir mit Waffengewalt gegen ihn vorgehen müssten...

Die Zeitung bedient mit diesen Formulierungen kurzsichtige und anachronistische Ressentiments gegen die Natur. Natur wird zum Feindbild stilisiert, anstatt einzusehen, dass es der Mensch ist, der durch Flächenverbrauch und immer weiter fortschreitende Zersiedelung der Landschaft Lebensräume unwiederbringlich zerstört.

Man kann es offenbar nicht oft genug betonen: nicht Fledermäuse, Wäldchen und Gänse "bedrohen" den Menschen, sondern der Mensch bedroht und zerstört Natur! Wir sollten uns lieber Gedanken über sparsameren Flächenverbrauch und entschleunigten Verkehr (der übrigens auch Menschenleben rettet!) machen, anstatt mit tendenziösen Artikeln Stimmungsmache gegen Naturschutz zu betreiben!

 

 

 

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