Eulenspiegels 42. Historie oder: wie der erste Whistleblower dem Möllner Strafgericht entkam...

13.02.2016 08:29

Liebe Leser,

Die Stadt Mölln schmückt sich gerne mit dem berühmten Schalk Till Eulenspiegel, der an der St.Nicolai-Kirche (angeblich stehend, da der Sarg mit dem Fußende voran in das Grab fiel) begraben wurde.

Der berühmte Eulenspiegelbrunnen am Marktplatz ehrt den "Ur-Whistleblower"...

Mit den modernen Whistleblowern hat es die ansonsten ganz normale Kleinstadt nicht so. Über die ausgebliebene Unterstützung durch die Möllner Stadtoberen während des Möllner Anti-Umweltschützerprozesses habe ich mehrmals ausführlich berichtet. Insbesondere das "Zitronengesicht" des Grünen-Politikers und Möllner Ratsherren Konstantin von Notz wird mir zeitlebens in Erinnerung bleiben. Als Whistleblower-Schützer hat er sich ausgerechnet in seiner Heimatstadt nicht hervorgetan.

Doch ich habe überlebt! Ich bin kämpferisch und kreativ geblieben, und die bösen Anfeindungen gegen mich durch gekränkte Möllner Rechtsanwälte haben mein Engagement für die Natur und gegen den gedankenlosen Einsatz des Umweltgiftes Streusalz  noch angestachelt!

Lesen Sie "Eulenspiegels 42. Historie" im Lichte der modernen Zeit - wo wir Menschen leben, als hätten wir nicht eine, sondern zehn Erden zur Verfügung. Viel Spaß!

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>>Unter den 95 wohlbekannten Historien von Till Eulenspiegel fehlt bekanntlich die 42., welche ich Euch nun an dieser Stelle erzählen werde.

Vorausgeschickt sei, was wir bei Wikipedia über den berühmten Narr lesen: "...Eulenspiegel ist nicht als ausgewiesener Narr herumgezogen; tatsächlich war er seinen Mitmenschen an Geisteskraft, Durchblick und Witz überlegen. Eulenspiegels Streiche ergaben sich meist daraus, dass er eine bildliche Redewendung wörtlich nahm. Er verwendete dieses Wörtlichnehmen als ein Mittel, die Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen bloßzustellen und seinem Ärger über Missstände seiner Zeit Luft zu machen."

Merkt Ihr etwas, holde Leserschaft? Vor allem der letzte Halbsatz ist eine ziemlich genaue Definition des modernen Begriffs "Whistleblower" - die Vermutung liegt nahe, dass einige von ihnen eine Art "Eulenspiegel-Gen" in sich tragen...

(Grafik: www.arboristik.de / Klaus Scheidler)

Nun sei also die verschollene 42. Historie des Narren erzählt. Sie ist mir heute Nacht im Traume erschienen...

Till weilte einmal in Norddeutschland und kam in die schöne Stadt Mölln. Es war Winter, der Schnee hatte auf der tagelangen Reise zur Stadt kniehoch gelegen. Mühsam mussten die Passagen für die Pferdekutschen freigeschaufelt werden.

Doch in Mölln war etwas anders: die Straßen waren frei, und der Schnee bis aufs Kopfsteinpflaster heruntergetaut. Munter klapperten die Hufe der Kutschpferde über's Pflaster. Der Handel florierte, der Verkehr floss - man hätte meinen können, der Winter wäre vor den Stadttoren stehengeblieben.

"Was ist hier geschehen?" fragte Till einen Möllner, der des Wegs kam. "Warum liegt in euren Straßen kein Schnee?" - "Wir haben das Streusalz erfunden", berichtete stolz der Passant. "Einem reichen und angesehenen Bürger - Advocatus und Ratsherr - ist  einmal vor seinem Haus das Heringsfass umgekippt, die Salzlake ergoss sich in den Schnee, und er merkte, dass der Schnee davon wegtaute. Da bekam er die famose Idee, dass der ganze Schnee im Winter weggetaut werden solle, damit Handel und Verkehr nicht mehr behindert würden".

Und weiter erfuhr Till, dass alle Stadt-Oberen von der Idee des Advocatus begeistert waren. An das kostbare Salz zu kommen, war nicht schwer: die Salzstraße von Lüneburg nach Lübeck führte direkt an einem der Stadttore vorbei. da musste dann nur ein Salzeintreiber abgestellt werden und je nach Bedarf einen winterlichen Wegezoll erheben. 

Till war ziemlich erstaunt. Waren die Möllner wirklich so dumm? - "Ihr begeht einen Fehler!" sagte Till. "Die Hufe eurer Pferde werden zerstört, das Metall der Räderwerke rosten, und das Schlimmste: eure Bäume werden sterben!" Und er fügte hinzu: "Und die, welche die Geschicke eurer Stadt leiten, sind offenbar die Dümmsten!"

Diese respektlosen Worte waren nicht ohne Folge. Sie sprachen sich bis zum Stadtvogt herum, und Till wurde angeklagt. Wer die Obrigkeit der Stadt beleidigte, hatte die Todesstrafe zu erleiden. Und weil Till offenbar die Geschicke der Bäume über die der Menschen setzte, sollte er direkt an der Gerichtslinde aufgehängt werden.

Es wurde Sommer. Der Tag kam, da Till hängen sollte. Man führte ihn zur Gerichtslinde, die - obwohl erst Juli war - schon welk und vertrocknet aussah. Till sah dies und erbat sich einen letzten Wunsch, der ihm gewährt wurde: "Ich möchte mir den Ast aussuchen, an dem ihr mich aufhängt!" - Gesagt, getan. Der Strick wurde befestigt, und Till stieg beherzt auf den Richtschemel. Doch als der Schemel weggestoßen wurde, brach der Ast, an dem Eulenspiegel hängen sollte, und der Narr lief mitsamt dem Strick um den Hals und dem Ast davon.

Er hatte sich einen Ast ausgesucht, der durch das viele Streusalz besonders gelitten hatte und innerlich bereits morsch war. - Da gingen den Umstehenden die Augen auf. "Was haben wir nur getan? Wir haben unsere eigene Gerichtslinde so geschwächt, dass sie einen Verurteilten nicht mehr halten kann".

Von da an wurde das Streusalz für viele Jahrhunderte aus der Stadt Mölln verbannt. Eine Satzung verbot bei Prügelstrafe das Streuen von Salz, und im Wiederholungsfalle wurde der Übeltäter für drei Tage nackt in ein Salzfass gesteckt...

Nachwort: leider sind die Stadt-Oberen und die Bürger Möllns im Laufe der Jahrhunderte nicht klüger geworden. Sie pökeln und salzen beim kleinsten Hauch von Winter ihre Straßen und machen so ihren Straßenbäumen und ihrer schönen Natur nach und nach den Garaus...

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