Baumschutz in Mölln: ein Fall von grassierender Dendrophobie?

06.03.2016 08:11

In den Lübecker Nachrichten lasen wir im Dezember 2015 einen Artikel zur  Baumschutzverordnung.   Dieser im Endresultat vollkommen weichgespülten Satzung ging ein jahrelanges Ringen in den städtischen Gremien voraus. Insbesondere seitens der CDU und der FDP wurde um jeden Zentimeter erbittert gekämpft, wenn es sozusagen um das "freie Sägen für freie Bürger" ging.

Der Berg kreißte Jahr um Jahr, heraus kam nicht die berümte Maus - sondern das Möllner Baumschutz-Modell "zahnloser Tiger" mit hauptsächlich nur "beratender" Funktion (LN-Artikel vom 1.7.2015)...

Erstaunlicherweise wurde immerhin explizit auf die Streusalz-Problematik eingegangen:

>>Satzung und Salz
Das Einsatz von Streusalz [Anm. hier war sicher der Einsatz gemeint] fällt in die Liste schädlicher Handlungen. Es ist verboten Salze, Säuren oder toxische Stoffe in der Nähe der Bäume aufzubringen. „Es sollte im Winter weitgehend auf Salz verzichtet werden. Nach dem Abtauen fließt die Salz-Lauge an den niedrigsten Punkt. Das könnte zum Beispiel der Baumstandort sein“, erklärt Jörg Thun. Er kritisiert, dass im Handel gerade palettenweise Streusalz verkauft werde, obwohl der Einsatz untersagt sei. Nur bei schwerer Wetterlage dürfe das Auftausalz in Verbindung mit Sand oder Split aufgebracht werden. Der Einsatz von Streusalz sei nur zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht im Fahrbahnbereich möglich, wenn die Verwendung anderer Streumittel versage.<<
 

Das hat eine lange Vorgeschichte, in der mein Umwelt-Engagement eine nicht unbedeutende Rolle spielt...

Am 19. Mai 2014 berichtete ich bereits zum zweiten Mal (erstmalig im September 2013) in Wort und Bild vor dem Möllner Forst- und Grünflächenausschuss über die schweren Schäden, die Streusalz an Bäumen anrichtet. Ich zeigte Bilder wie diese von Bäumen, die schon im Frühsommer Blattrandnekrosen aufweisen und deren Lebenserwartung dramatisch verkürzt ist...

Und ich berichtete über die verzweifelten Maßnahmen der Stadt, um die schweren Vergiftungssymptome der Bäume zu lindern, wie z.B. die aufwändige Tröpfchenbewässerung...

In einer der damaligen Sitzungen ging es u.a. um die geplante Baumschutz-Verordnung. Gegner der Verordnung aus CDU und FDP argumentieren, das Streusalzproblem würde ohnehin nicht von der Verordnung erfasst.

Ich aber ließ mit meinen Bemühungen nicht nach. In meinem Blog berichtete ich das ganze Jahr hindurch über das Schicksal der Streusalz-gequälten Bäume. Ich twitterte fleißig und verfasste - da ich weiterhin von der Zeitung kaltgestellt war - 141 Streusalz-Mails, die ich an wichtige Lokalpolitiker, Personen des öffentlichen Lebens und Umwelt-Organisationen schickte.

Das Streusalz-Problem konnte nicht länger ignoriert werden. Keiner kam an meinen Bildern von leidenden Bäumen vorbei...

Die neue Baumschutzsatzung - ohnehin nur ein zahmer Papiertiger mit hauptsächlich "beratenden" Funktionen - ist schon wieder in Gefahr: die Möllner CDU, allen voran Ratsherr Horst Kühl, seines Zeichens Bauunternehmer und Fraktionsvorsitzender kocht vor Wut. Die Baumschutzsatzung sei "unfair und rechtlich fraglich".  In diesem Artikel beklagt er sich über die Baumschutzsatzung.

Und nun macht die CDU also tatsächlich ernst: die Baumschutzsatzung soll nach wenigen Monaten ihres Bestehens schon wieder abgeschafft werden...

Dabei hat uns dieser Winter bereits gezeigt, dass die Baumschutzsaatzung niemanden - nicht einmal die Stadt selbst! - daran hindert, Bäume kaputt zu salzen. Streufahrzeuge fahren rücksichtslos über Baumteller...

Und Salz wird nach wie vor gedankenlos auf die Versorgungsöffnungen der Bäume gekippt...

Das Fällen von Bäumen wird elegant umgangen, indem man brutale "Schnittmaßnahmen" (besser: Verstümmelungen) durchführt, die dem Baum über kurz oder lang den Garaus machen...

Haben wir es in Mölln mit ganz besonders ausgeprägten Baum-Hassern oder vielleicht mit einer grassierenden "Dendrophobie" zu tun?

Meine Botschaft an den Wortführer der Baumschutz-Gegner, Herrn Kühl (CDU):

Lieber Herr Kühl - bleiben Sie doch cool!

Sie sind ein bedeutender Mann in Mölln: Bauunternehmer, Ratsherr, Fraktions- und Hauptausschussvorsitzender. Seit vielen Jahren sind Sie an Entscheidungen über die Geschicke der Stadt maßgeblich beteiligt. Als Bauunternehmer verdienen Sie natürlich auch nicht schlecht - aber Bauen und Umwelt vertragen sich nicht immer gut.

In der Regel ist die Natur der Verlierer des Baugeschäfts: für Häuser müssen Bäume fallen, und sie werden vorher nicht gefragt, wie diese über 100 Jahre alte Buche, die für ein Großbauprojekt ihr Leben lassen musste...

Wussten Sie, dass bis zu 2000 Jungbäume nötig sind, um die biologischen Leistungen eines alten Laubbaumes (CO2-Abbau, Sauerstoffbildung, Feinstaubfilterung, Heimstatt für Vögel und Insekten) auszugleichen? - Stattdessen sieht die harmlose Baumschutzverordnung "nur" in der Regel bis zwei bis drei Jungbäume als Ersatzpflanzung vor und bei Lage der Bäume in geplanten Baubereich gibt es überhaupt keine Beschränkungen.

Die Natur kann sich leider nicht laut beklagen. Die gefällte Buche war Heimat vieler Vögel, auch Eichhörnchen tummelten sich in ihrer großen, gesunden Krone. Jetzt befindet sich dort ein großes Millionenprojekt...

Die Kastanie, die dort noch steht, ist in großer Not: man hat ihr das Wasser abgegraben und sie wird durch Streusalz gequält...

Wie wäre es, lieber Herr Kühl, wenn Sie einfach mal einen Tag lang, während Sie durch Ihre schöne Heimatstadt gehen, die Perspektive der Bäume einnehmen und versuchen, ihnen zuzuhören. Sie würden spannende neue Einblicke gewinnen!

Und am Ende des Tages wird Ihnen vielleicht klar sein:

Nicht die Bäume brauchen den Menschen, der Mensch braucht die Bäume...

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