Zwei Jahre Möllner Leserbriefprozess - unendliche Geschichte und persönliches Schicksal UPDATE 20.04.

21.03.2015 10:47

Vor zwei Jahren, am 21. März 2013 erschien der für mich schicksalhafte, ohne mein Einverständnis veröffentlichte "Leserbrief" in den Lübecker Nachrichten.

Ich erinnere mich noch genau, wie ich an den winterlichen Tagen im März 2013 mit Tränen der Wut und Verzweiflung in den Augen, händeringend im Zimmer stand und dachte: es muss doch möglich sein, diese Rücksichtslosigkeit zu stoppen, mit der Tag für Tag Unmengen Streusalz auf Straßen und Wege geworfen werden. Es muss doch jemand das stumme Weinen der Natur, der Bäume hören, die täglich mit giftigem Natriumchlorid gequält werden...

Ich hatte sogar darüber nachgedacht, öffentlich aus Solidarität mit den gequälten Bäumen in einen Salzbottich zu steigen - doch mit Rücksicht auf die Tatsache, dass eine Aktion dieser Art (noch dazu von einer Psychiaterin mittleren Alters) wohl eher Belustigung als Solidarität mit den Bäumen ausgelöst hätte, sah ich davon ab.

Ich hatte ja schon alles versucht, um meine Mitmenschen wachzurütteln: ich sprach salzstreuende Nachbarn und Hausmeister persönlich auf der Straße an und erntete dafür Schulterzucken oder aggressive Antworten bishin zu tätlichen Anriffen. Ich hatte auch Leserbriefe geschrieben - nichts änderte sich.

Meine letzte Hoffnung war eine redaktionelle Tätigkeit der LN zu diesem wichtigen Umweltthema, die ich durch aufrüttelnde Worte ins Rollen bringen wollte. Da schrieb ich die schicksalhafte e-mail, die unerlaubt als "Leserbrief" veröffentlicht wurde.

Diese unerlaubte und redaktionell bearbeitete Veröffentlichung meiner Zeilen schockierte mich zutiefst. Niemals hätte ich mich auf diese ungefilterte Weise in einem zur Veröffentlichung bestimmten Text ausgedrückt.  Die Wortwahl sollte die Redaktion wachrütteln und für eine eigenen Tätigkeit zu einem brennenden Umweltthema motivieren - nicht mehr und nicht weniger.

Viel ist seitdem geschehen. Ein beispielloser Rachefeldzug gegen mich durch Möllner Rechtsanwälte wurde angezettelt. Alle machten mit: die Zeitung und ihre Anwälte, die Richter des Amtsgerichts und sogar die Richter in der Berufungsinstanz des Einstweiligen Verfahrens.

Erschütternd, wie skrupellos gegen mich vorgegangen wurde, wie ich in schlampig zusammengeschusterten Gerichtsurteilen zur "uneinsichtigen" Täterin gestempelt wurde, wie die Zeitung mir eiskalt in den Rücken fiel und die Kläger unterstützte. 

In einer Welt in der Terror, Gewalt gegen Mensch und Natur, unwiederbringliche Zerstörung von Ressourcen und Skrupellosigkeit der Macht immer mehr zunehmen, sehe ich mich in eine vollkommen ungerechtfertigteTäterrolle gedrängt und übelsten Vorwürfen ausgesetzt. Liest man bestimmte Passagen der Einstweiligen Urteile oder der Klägerschreiben, könnte man meinen hier ginge es um einen Schwerverbrecher.

Und das alles nur, weil ich auf zunehmende Naturzerstörung durch gedankenlosen Streusalzgebrauch hinweisen wollte!

Dieser Prozess hat mein Leben verändert. Zwei Jahre und einen Monat, das sind 770 Tage morgens aufwachen mit Gedanken an den Prozess, 770 Tage Zukunftsangst - weil der Prozess Unsummen an Geld verschlingt, 770 Tage Kampf gegen diese furchtbare Kränkung, als "Täterin" abgestempelt zu sein - ausgerechnet ich, die ich bis ins Innerste meiner Persönlichkeit ein Mensch bin, der immer ausnahmslos auf der Seite der Schwachen, Leidenden und Bedrohten steht. Vor allem auch dann, wenn es mir selber nicht zum Vorteil gereicht.

Schlimm ist auch die völlige publizistische Kaltstellung durch die Lübecker Nachrichten: die Zeitung breitet einen Mantel des Schweigens über den Prozess. Sie veröffentlicht keine Leserbriefe mehr von mir, sie schreibt nichts mehr über mein Engagement.

Vorbei die Zeiten, wo immer mal wieder in den Lübecker Nachrichten ein Leserbrief von mir zu Umweltthemen erschien oder gar ein Redakteur für einen Bericht über die Aufzucht verunglückter Schwalbenkinder zu mir ins Haus kam...

Es war derselbe Redakteur, der knapp vier Jahre später, am 19.5.2014 die Sitzung des Forst- und Grünflächenausschusses der Stadt Mölln noch vor meinem Vortrag über Streusalz-Schäden an städtischer Vegetation verließ.

Ich bin seit Beginn des Möllner Leserbriefprozesses von der Redaktion zur nicht existierenden Person erklärt worden. Redakteure wechseln die Straßenseite, wenn sie mich sehen oder setzten sich im Cafe vom Nebentisch weg.

Meine offenen Briefe an den Geschäftsführer der Lübecker Nachrichten, Thomas Ehlers und den Geschäftsführer des Madsack-Konzerns (Mutterkonzern der LN) blieben bis zum heutigen Tag sämtlich unbeantwortet.

Tröstlich für mich ist die moralische Unterstützung durch Personen, die mein Engagement gutheißen und mich nicht als Täterin, sondern als Mensch sehen. Ich freute mich über die kernigen Unterstützerworte von Herrn Horst Schunk (hier auf der Newsleiste zu lesen), die Veröffentlichungen auf der Baumseite www.arboristik.de von Klaus Scheidler, die Artikel in der Online-Zeitung www.herzogtum-direkt.de und viele freundliche vertrauliche Worte von nahestehenden Menschen.

Inzwischen nehmen auch meine Patienten Anteil an meinem Whistleblower-Schicksal und lesen in meinem Blog mit. Auch als Psychotherapeutin bin ich in erster Linie ein Mensch - ich möchte in meinem Engagement für eine bessere, gesündere Welt und ein achtsameres Verhältnis zwischen Mensch und Natur ein Vorbild sein!

Der Kampf ist noch lange nicht zu Ende! Zwar wurde im Hauptsacheverfahren in der 1. Instanz endlich die Klage abgewiesen - für mich eine große moralische Erleichterung! - doch wollen die Kläger weitermachen. Sie können sich keine Niederlage eingestehen, fühlen sich als Anwälte in eigener Sache zum Sieg verdammt.

Es wird also weitergehen. Die Kläger können einfach nicht davon ablassen. Möglicherweise landet dieser Rechtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht. - Es muss letztlich klargestellt werden: Ich bin keine Täterin, sondern eine Kämpferin für Mensch und Umwelt.

Bitte nehmen Sie an meinem Schicksal weiterhin Anteil! Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung!

 

Kontakt

Saltytrees