Streusalz: ein Lehrstück über gefährliche Gleichgültigkeit und politisch-gesellschaftliches Totalversagen

25.11.2016 08:14

Eine Meldung der Main-Post vom 25.11.2016 schreckt auf: der Aushub einer ganzen Straße wird zum Sondermüll, weil er durch jahrelangen Streusalz-Eintrag extrem Chlorid-belastet ist.

Allein in Schleswig-Holstein gibt es rund 10 000 Straßenkilometer - die innerörtlichen Straßen nicht eingerechnet. Wieviele Kubikmeter Boden mögen bereits Chlorid-vergifteter "Sondermüll" sein...

Doch die Politik verschläft das Problem - und zwar auf allen Ebenen!

Ein demokratisches Gemeinwesen basiert nicht zuletzt auf einem funktionierenden Regelwerk, auf das sich alle verlassen können - ob arm oder reich, schwach oder stark, gesellschaftlich einflussreich oder sozial schwächer gestellt.

Das Regelwerk wird von der gesetzgebenden Gewalt erstellt: Bundestag oder Landtag, im weiteren Sinne auf lokaler Ebene die Gemeindevertretungen. Die Ordnungsmacht oder Exekutive, wie Polizei und Ämter wachen über die Einhaltung der Regeln.

Sehr gut funktioniert in der Eulenspiegelstadt die Überwachung des "ruhenden Verkehrs": täglich sind fleißige Politessen im Einsatz, die Falschparker aufschreiben. Rund 150 000 Euro kommen da in einer Kleinstadt wie Mölln jährlich an Einnahmen zusammen.

Doch die Politessen schreiben nur Falschparker auf - nicht die notorischen Streusalzsünder, die kübelweise Umweltgift auf Straßen, Wege und Parkplätze werfen...

In Mölln gibt es zwar seit vielen Jahren eine Straßenreinigungssatzung, die den Einsatz von Streusalz verbietet...

Doch die Realität ist seit vielen Jahren, dass gegen diese Satzung regelmäßig und mit großer Selbstverständlichkeit  verstoßen wird. Bei nur geringem Schneefall in den Morgenstunden wird die Innenstadt komplett unter unvermischtes Salz gesetzt - was lt. Satzung nicht einmal bei "akuter Gefahrenlage" zulässig wäre...

Besonders schlimm ist die Situation vor leerstehenden Läden. Dort scheint man der Meinung zu sein, "Klotzen ist besser als Kleckern"...

Bei Plusgraden löst sich Salz langsam durch die Luftfeuchtigkeit auf, und so findet es den Weg in die Böden...

Doch die Salzstreuer fühlen sich im Recht: es wird seit Jahren so praktiziert, nie wird ein Streusalzsünder zur Kasse gebeten. Es hat sich eine Art "Gewohnheits-Unrecht" gebildet.

Der Handel bietet ganz überwiegend, viele sogar ausschließlich Streusalz an und suggeriert so, dass Salzstreuen richtig ist...

Meine Nachfrage beim EDEKA-Konzern ergab ein ernüchterndes Ergebnis: selbst wenn ein Filiale umweltfreundliche Streumittel anbieten wollte - es gibt keine...

Die Anwohner haben also in der Regel nur Salz zur Verfügung. Und das wird bei jedem Hauch einer winterlichen Wetterlage fleißig und satzungswidrig benutzt...

    Sehr oft wird das Salz 100%ig, ohne jede Beimischung eingesetzt, was die Satzung eigentlich ausschließt...

Ganz besonders skrupellos in das Aufbringen von Salz in unmittelbarer Nähe von Bäumen - dieses Verhalten kann bestenfalls als sträfliche Dummheit bezeichnet werden - für mich ist es eine Form von Vandalismus gegen öffentliches Eigentum...

Hier wurde 100%iges Salz direkt auf die Versorgungsöffnungen der Bäume gekippt.

Im Sommer werden dann genau diese Öffnungen benutzt, um mit aufwändigen Infusionen (Tröpfchen-Berieselung) mit wertvollem Trinkwasser Schadensbegrenzung zu betreiben...

Doch eben dieses kostbare Trinkwasser ist durch Unmengen Streusalz, die auf Straßen und Wegen ausgebracht werden, in Gefahr!

Obwohl wir durch die Klimaerwärmung immer weniger Wintertage haben, wird insgesamt mehr gestreut...

In dieser Statistik ist der "Horror-Winter" 2012/2013 noch nicht einmal aufgeführt. Die 5 MillionenTonnen wurden damals mit Sicherheit noch überschritten. Dazu muss von einer Dunkelziffer durch nicht aufgeführte Importe ausgegangen werden.

Warum immer mehr Salz trotz immer weniger Winter und angeblich immer feinerer Technik? Erstens: die ständige Zunahme versiegelter Flächen bedingt bei winterlicher Witterung entsprechend mehr Salzeinsatz. Auf Parkplatzflächen, die zunehmend Grünflächen in städtischen Zonen verdrängen, wird z.B. extrem viel gesalzen...

Der Einsatz von angeblich  "sparsamer" Soletechnik verführt zu großzügigem Verbrauch und erreicht damit das Gegenteil von dem, was eigentlich beabsichtigt ist. Die Sole (erkennbar an den breiigen Batzen) wird hier in Mölln regelmäßig rein prophylaktisch, d.h. ohne konkrete Gefahrenlage im gesamten Stadtgebiet angewendet...

Die Bilder zeigen Sole auf einer wenig befahrenen Straße bei ruhiger, niederschlagsfreier Witterung und + 5° Außentemperatur. Beim nächsten Regen wird die komplette Salzfracht in die Kanalisation gespült.

Und hochgerechnet auf alle Straßen kommt man auf unvorstellbare Mengen eines gefährlichen Umweltgifts, von dem ein einziger Teelöffel ausreicht, um 25 Liter Wasser biologisch irreversibel zu schädigen...

(Salzgewinnung in Drey Creek / Australien. Quelle: Wikimedia commons)

Allein auf dieser Fläche von nur etwa 20 x 30 cm befindet sich eine Salzmenge, die 100 l Wasser vergiftet, unzählige Bakterien und Kleinlebewesen tötet sowie Wurzeln von Bäumen und Pflanzen schädigt...

Auch hier wurde vollkommen rücksichtslos bis in die Baumscheibe hinein gesalzen...

Durch mein jahrelanges Engagement, meine Aufklärungsarbeit über die Gefahren des Streusalz-Missbrauchs in Form  von Leserbriefen, Vorträgen vor dem Forst- und Grünflächenausschuss, Artikeln und zahlreichen Internetveröffentlichungen ist in Mölln die Problematik breit bekannt: alle Stadtpolitiker, alle in der städtischen Verwaltung mit dem Thema befassten Mitarbeiter, viele Einzelhändler und auch alle Journalisten und in dieser Stadt tätigen Medienmenschen haben - nicht zuletzt auch durch meine über 140 Streusalz-Rundmails - umfassende Kenntnis von der Problematik.

Doch nichts geschieht!

Es ist ein skandalöses, anhaltendes Versagen auf allen Ebenen: zuallererst bei der Politik, die untätig ist und die längst überfällige Verschärfung und klare Operationalisierung der Winterdienstsatzung seit Jahren verschläft.  Es müssen endlich klare, unmissverständliche Handlungsanweisungen und einer ordnungsrechtlichen Verfolgung zugängliche Verbote in die Satzung aufgenommen werden. Gummiparagraphen und Schlupflöcher für notorische Streusalzsünder müssen geschlossen werden!

Es muss eine Verkaufsbeschränkung für Streusalz erlassen werden! Es kann nicht angehen, dass der Bürger durch die überwiegend auf das Streusalz beschränkte Angebotspalette  des Einzelhandels zu permanent regelwidrigem Verhalten verleitet wird!

Der Einzelhandel selbst muss endlich Verantwortung übernehmen und von sich aus sein Angebot auf umweltfreundliche und satzungskonforme Streumittel umstellen!

Auch die Exekutive, d.h. Verwaltung und nötigenfalls Polizei, müssen tätig werden: das Vergiften von Bäumen und Umwelt mit Streusalz muss als das behandelt werden, was es de facto ist: Sachbeschädigung bzw. Vandalismus an öffentlichem Eigentum - und entsprechend geahndet werden!

Die Medien müssen sich ihrer Verantwortung zur breiten und umfassenden Informationsübermittlung bewusst werden. Nicht immer nur das Streusalz als "Waffe gegen den Winter" preisen...

sondern endlich auch in angemessener Form und Umfang über die schweren und nachhaltigen Schäden berichten, die das Umweltgift Streusalz anrichtet. Kein Wort stand beispielsweise darüber in der Zeitung, als nach dem extremen Winter 2012/2013 die Bäume im Sommer bereits schlapp machten ...

Braune Ränder an Blättern (Blattrandnekrosen) bereits im Frühsommer und verkümmerter Wuchs sind hochgradige Alarmzeichen für Chloridvergiftung...

Ein Handeln auf allen genannten, insbesondere politischen Ebenen ist dringend notwendig!

Und solange das alles nicht geschieht, werde ich weiter kämpfen, aufklären und Krach schlagen - für einen besseren und nachhaltigeren Umgang mit unserer Umwelt, unserem wertvollen Wasser, unserer städtischen Natur und unseren Bäumen, die wir so dringend brauchen!

Um diesem wichtigen Umweltanliegen Nachdruck zu verleihen und auch, weil die kommunale Verwaltung mit dem Problem offenbar überfordert ist, habe ich beim Landtag des Landes Schleswig-Holstein eine Petition eingereicht. Im Beschluss des Petitionsausschusses wird die Gefährlichkeit des Salzes bestätigt...

Bitte unterstützen Sie mein Engagement um ein wichtiges Thema, das unseren Lebensraum und nicht zuletzt den Zustand der Erde betrifft, in dem wir sie kommenden Generationen hinterlassen werden!

 

 

 

 

 

 

 

 

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