Die Kleinstadt - ein Mikrokosmos und Abbild unserer Gesellschaft: wie gut funktionieren Regelwerke in der Demokratie?

04.02.2018 11:27

Einer der wenigen "winterlichen" Tage in diesem vierten viel zu warmen Winter in Folge. Mölln, die Stadt an der "historischen Salzstraße" scheint ungeachtet der Klimaerwärmung weiter daran zu arbeiten, die Stadt mit den "salzigsten Straßen" zu werden.

Mit Feucht- und Trockensalz werden die Straßen gepökelt...

So sah es heute, am 4. Februar 2018 in der Innenstadt aus. Die Straße ist durch starken Sole-Einsatz bereits komplett vernässt, am Rand sieht man das Auftauen des Schnees durch Salzkristalle...

Ob Mölln oder anderswo: eine Kleinstadt ist ein Mikrokosmos - ein Abbild unserer Gesellschaft, die einerseits dem Grundgesetz und der demokratischen Gewaltenteilung verpflichtet - andererseits eigenen, ungeschriebenen Gesetzen und Dynamiken unterworfen ist.

In vielen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens werden Gesetze und Vorschriften regelmäßig ausgehebelt. An die Stelle des Rechts tritt ein "Gewohnheits-Unrecht", das stillschweigend geduldet und nicht geahndet wird. - Sei es die "ganz normale"  Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, die zur Normalität gewordene Unterschreitung des Mindestabstands im Straßenverkehr oder der ungezwungene Umgang mit Schwarzarbeit: kaum jemand macht sich Gedanken darüber, das das Verhalten illegal ist. Warum auch? Steuern zahlen gilt als dumm, Geiz ist geil, und Hauptsache, man lässt sich nicht erwischen...

Beim Thema Winterdienst ist die Diskordanz zwischen Vorschriften und Realität ganz besonders eklatant - und zwar auf allen Ebenen: das Umweltgift Natriumchlorid wird in einer Größenordnung von jährlich Millionen Tonnen in die Umwelt gepumpt, vollkommen unbehelligt von Umweltbehörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, obwohl es nachweislich Böden, Gewässer, Pflanzen, Mikroorganismen und Tiere schädigt und zu gefährlichen Altlasten kumuliert. Das Bundesbodenschutzgesetz schreibt beispielsweise vor:

>>Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden<< (§ 4 BBodSchG)

Wie ist das vereinbar mit der Einbringung eines Stoffes (Natriumchlorid), der nachweislich bereits im niedrigen Dosisbereich umweltgiftig wirkt (ein Teelöffel Salz schädigt irreversibel 25 L Wasser), und dies in einer Größenordnung von Millionen Tonnen?

Das folgende Bild zeigt einen Grundstücksbesitzer, der die Zufahrt zu seinem Seegrundstück komplett unter eine geschlossene Salzschicht setzt...

Dieses Verhalten ist nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, wenn die Gemeindesatzung - wie z.B. in Mölln - ein Streusalzverbot enthält...

sondern es ist nach dem Bundesbodenschutzgesetz schlicht als Umweltkriminalität einzuordnen - doch als solche wird es nicht geahndet: das Totschlagargument der "Sicherheit" greift beim Thema Streusalz praktisch  immer.

Dabei geht es natürlich vorrangig um die "Sicherheit" für den eigenen Geldbeutel und um Abwehr von befürchteten Regressen...

Und so haben wir auch im Winter 2016 / 2017 die Situation, dass die gültige Straßenreinigungssatzung der Stadt Mölln den Einsatz von Streusalz verbietet, jedoch die Realität bereits bei der Angebotspalette des Einzelhandels diametral entgegengesetzt ist. Hier eine kleine zufällige Auswahl der Anfang Dezember 2016 im Handel angebotenen Streumittel...

Sie sehen: viel Auswahl hat der Möllner Bürger nicht, um vorschriftsgemäß seinen Winterdienst zu versehen - er wird quasi durch das einseitige Angebot des Einzelhandels zu ordnungswidrigem Handeln gezwungen, und auch in diesem Jahr wird ganz bestimmt kein Streusalz-Sünder zur Kasse gebeten, selbst wenn die Zuwiderhandlungen noch so eklatant sind...

Der Verlust eines Baumes, der ganz offensichtlich totgesalzen wurde, wird weder strafrechtlich verfolgt oder  zum politischen Diskussionsstoff, noch interessieren sich Medien dafür...

Und so bleibt mir nichts, als immer wieder unermüdlich auf die allwinterlichen Missstände und Versäumnisse im Umgang mit unserer Umwelt und mit geltenden Vorschriften und Gesetzen hinzuseisen - obwohl Winter hier ja kaum stattfindet, aber vielleicht ist auch das gerade ein Teil des Problems...

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