Dialog mit dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr. Wie sinnvoll ist das prophylaktische Salzen unserer Straßen?

04.12.2017 16:26

Vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr erhielt ich eine Antwortmail. Hier meine Zusammenfassung bzw. Erwiderung:

Sehr geehrte Frau V.,

vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Mail an Herrn Conradt, Leider des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein. Sie teilen mit, dass am 26.11. aufgrund der Wettervorhersage der Fahrbahnzustand ab 3.00 Uhr  kontrolliert wurde und aufgrund der festgestellten Reifglätte und der Temperatur von -0,5°C der Winterdiensteinsatz ausgelöst wurde. Dass später nach dem Einsatz die Temperaturen so steigen, sei zum Zeitpunkt der durchgeführten Kontrolle (nachts 3.00 Uhr) nicht vorhersehbar gewesen. Ferner habe eine "Fehlfunktion" bei dem eingesetzten Fahrzeug bestanden.

Sie bestätigen damit die insbesondere in winterarmen Gebieten geübte Praxis des prophylaktischen Streuens, bei der Nutzen und Schaden besonders sorgfältig gegeneinander abzuwägen sind. Wenn z.B. in einer Nacht von Samstag auf Sonntag auf wenig befahrenen Straßen nur deshalb umweltschädliches Natriumchlorid ausgebracht wird, weil die Möglichkeit (!) von Reifglätte besteht, ist das ein Vorgehen welches zu Fragen nach der Verhältnismäßigkeit berechtigt.

Ich vergleiche das prophylaktische Salzen von Straßen und Gehwegen gerne mit dem übertriebenen Verschreiben von Antibiotika, das – wie wir alle wissen – letztlich nur Nachteile hat.

Die Feuchtsalzmethode wird weltweit eingesetzt, aber sie hat natürlich auch Nachteile. Das ständige Betonen der angeblichen “Umweltfreundlichkeit” verführt zu sorglosem und übermäßigem Einsatz

Sie sagen, dass ein “leistungsfähiges Verkehrswegenetz Maßnahmen zur Bekämpfung von Glätte” erfordert. Doch wie stark vorbeugend muss eine rein hypothetische Glätte “bekämpft” werden? Ist nicht oberste Priorität immer eine angemessene Fahrweise!

Es entsteht eine gefährliche Anspruchshaltung, wenn suggeriert wird, dass jederzeit exakt dieselben Straßenverhältnisse wie im Sommer zu herrschen haben. Dies ist auch bei starkem Salzgebrauch nicht möglich: Salzglätte erzeugt zusätzliche Rutschgefahr, der Bremsweg verlängert sich. Vernässung der Fahrbahn durch die hygroskopische Wirkung des Salzes führt zu gefährlicher Vereisung, es muss nachgesalzen werden. Unangemessene Fahrweise auf gesalzenen Straßen erhöht(!) nachweislich die Gefahr tödlicher Unfälle! Wenn die Salzhersteller auf ihren Webseiten ihr Produkt anpreisen, wird dabei immer auf die “Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit” abgehoben, aber kaum auf Sicherheit für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer. “Leistungsfähige Straßen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft” tönt es unverfroren seitens der Kali und Salz AG, also nicht etwa Sicherheit und Gesundheit der Mitmenschen haben Vorrang”. - In diesem Artikel finden Sie einen diesbezüglichen Gedankenaustausch zwischen mir und dem Bundesumweltministerium.

Ich befasse mich seit Jahren mit der Winterdienstthematik und habe viele Mythen, unreflektierte Handlungsautomatismen und Fehlannahmen aufgearbeitet bzw. dargelegt. Ich hoffe nach wie vor, gerade auch bei den für den Winterdienst Verantwortlichen ein verstärktes Nachdenken und eine Hinwendung zu Nachhaltigkeit und Respekt für unsere Lebensgrundlagen zu bewirken.

Mit freundlichen Grüßen

Beate Schicker

Kontakt

Saltytrees