Mit reißerischen Headlines Emotionen schüren - Opfer bleiben auf der Strecke: hässliche, moderne Medienwelt

16.02.2016 10:50

Die Medienwelt ist in unseren Zeiten von harten Konkurrenzkämpfen, Sucht nach Aufmerksamkeit und fortwährender Manipulation von Emotionen geprägt.

Dabei arbeiten Zeitungen - insbesondere auch im Online-Bereich - mit reißerischen Headlines, die Emotionen schüren und Feinbilder heraufbeschwören. Beliebte Feindbilder sind solche, die sich nicht wehren können, z.B. die Natur: da wird schon einmal, wie dieser Tage in den Lübecker Nachrichten, ein Wäldchen zur "Bedrohung" erklärt....

Oder der Winter als Kriegsgegner aufgebauscht, gegen den man "gerüstet" sein muss.

Gerne wird auch der Inhalt einer Meldung in der Überschrift ins Lächerliche gezogen, auch auf die Gefahr hin, dass die eigentliche - durchaus ernste - Botschaft der Nachricht überhaupt nicht mehr ankommt. so geschehen vor kurzem mit einem LN-Leserbrief zur Streusalz-Thematik...

Die Überschrift beschwört ein lustiges, fast absurdes Bild herauf: Menschen, die auf Strümpfen herumlaufen, um sich vor Glatteisstürzen zu schützen. Die eigentliche Botschaft des Autors bleibt dabei auf der Strecke: es geht um die Umweltgefahren durch hemmungslosen und unsinnigen Streusalz-Gebrauch, wie er im Winterdienst leider immer noch ganz normale Realität ist. Die wertvollen Verbesserungsvorschläge imText werden von der veralbernden Überschrift erschlagen.

Ein besonders tragisches Beispiel von Verzerrung einer Nachricht durch eine redaktionelle Überschrift ist der Möllner Streusalz-Leserbrief vom 21. März 2013.  - Abgesehen davon, dass der von mir eingesandte Text gar nicht zur Veröffentlichung bestimmt war, wurde er durch eine reißerische Überschrift entstellt und seine ursprüngliche Absicht, auf die vom flächendeckenden Streusalz-Missbrauch ausgehenden Gefahren hinzuweisen, fiel unter den Tisch...

Meine eigene Überschrift zur E-Mail wurde nicht veröffentlicht. Sie lautete:

"Streusalz - der Albtraum für die Natur nimmt kein Ende".

Der Unterschied ist deutlich: mir ging es in meiner Nachricht an die Redaktion primär um das Mitfühlen mit der geschundenen Natur, die Zeitung hingegen beschwor einen (von mir zu keinem Zeitpunkt  beschriebenen!) "salzstreuenden Rechtsanwalt" als  Zielobjekt ablehnender Emotionen.

Die weiteren Folgen habe ich ja ausführlich beschrieben: gegen mich erging eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung, die klagenden Möllner Rechtsanwälte peitschten mich durch vier Instanzen und erhielten schließlich mit einem mehr als fragwürdigen Urteil auf "Unterlassung von Eindruckserweckungen" Recht.

Die einflussreichen Presseanwälte des Madsack-Medienkonzerns schalteten sich sofort in den Prozess ein - nicht auf der Seite ihrer angegriffenen Leserin, sondern auf der Seite der klagenden Anwälte: Macht gesellt sich zu Macht.

Das unglaublich arrogante Auftreten des Berliner Medienanwaltes vor dem Landgericht Ratzeburg, die Klüngelei hinter den Kulissen, der Versuch des Madsack-Anwaltes, mich telefonisch einzuschüchtern: das alles habe ich ja bereits ausführlich geschildert.

Diese "Dienste" für die gegen mich klagenden Anwälte ließen sich die Madsack-Anwälte von mir mit knapp 1.500 Euro honorieren. Alles widerstandslos durchgewunken von willigen Richtern....

Mit dem Möllner Leserbriefprozess ist es wie mit fast allen Anti-Umweltschützerprozessen: engagierte Mahner und Whistleblower werden angefeindet und für die von ihnen angeprangerten Missstände letztlich verantwortlich gemacht.

Und so wurde letztlich durch eine reißerische redaktionelle Überschrift eine fatale Kettenreaktion ausgelöst!

"Hier sitzen eigentlich die Falschen" , musste sogar der Vorsitzende Richter und Landgerichtspräsident während der Verhandlung am Lübecker Landgericht am 9. Oktober 2015 feststellen, nachdem ich ihm nochmals klargemacht hatte, dass keine einzige Äußerung von mir  über "salzstreuende Anwälte" existierte.

Doch die Lübecker Nachrichten selbst haben zu keinem Zeitpunkt auch nur andeutungsweise Verantwortung für die "Leserbrief"-Veröffentlichung vom 21. März 2013 übernommen.

In einem Schreiben vom 8.4.2013 bot zwar  der LN-Chefredakteur Gerald Goetsch mir an, im Falle einer gütlichen Einigung zwischen mir und den Klägern einen Artikel darüber zu bringen ("eine Berichterstattung wäre denkbar"). Ich solle mich dafür "vertrauensvoll" an den Lokalchef Hanno Hannes wenden. Angesichts der vorangegangenen Ereignisse, inbesondere auch der vernichtenden Gegendarstellung der Kläger und der bereits bei mir eingetroffenen Einstweiligen Verfügung, empfand ich dieses Angebot allerdings nur als zynisch: wie sollte ich einer Redaktion "vertrauen", die mich bereits verraten und ausgeliefert hatte?

Ausgerechnet der Chef der Lokalredaktion Hanno Hannes, der mir noch wenige Wochen zuvor versicherte, ein Leserbrief sei "von der Meinungsfreiheit gedeckt" - wovon nun nichts mehr zu merken war - sollte in der Angelegenheit mein Vertrauen genießen? Lokalredakteure, die mich am Telefon wissentlich angelogen hatten ("Wir werden über das Thema nichts mehr schreiben", so Redakteur Norbert Dreesen - und am nächsten Tag veröffentlichten sie eine vernichtende Gegendarstellung der Kläger), sollten nun einen Artikel über eine gütliche Einigung bringen - unvorstellbar!

Wie kann man einer Person, die man blossgestellt, ausgeliefert und alleingelassen hat,  solche Angebote machen? Es war und ist beschämend.

Ich bin auch nach drei Jahren des zermürbenden Rechtsstreits noch nicht geschlagen. In mir ist noch genug Mut und auch Gerechtigkeitsempfinden, um die Zeitung - die bis jetzt den Leserbriefskandal unter Verschluss hält und nie ein einziges Wort darüber schrieb - zur Verantwortung zu ziehen!

Doch eine Schadenersatzklage gegen den mächtigen Madsack-Konzern ist risikoreich und kostspielig. Mit den Madsack-Anwälten habe ich ja meine Erfahrungen gemacht - sie schrecken vor zweifelhaften Interventionen (vor allem auch hinter den Kulissen) nicht zurück: ich berichtete u.a. bereits darüber, wie sie 2013 einen jungen Presseanwalt, der den Fall für mich übernehmen wollte, ausgebremst haben.

Ein solcher Schritt ist nur mit einer tragfähigen Unterstützer-Basis durchführbar. Insbesondere publizistischer Druck könnte das Verfahren voranbringen: wenn der Madsack-Konzern und seine Juristen merken, dass die Öffentlichkeit ihnen "auf die Finger schaut", könnte dies für mein Anliegen nur von Vorteil sein. Öffentlichkeit ist ein wichtiges Korrektiv des Rechtsstaates!

Deshalb hoffe ich immer noch auf eine angemessene publizistische Aufarbeitung des Möllner Leserbriefprozesses, einen lebendigen Diskurs über Whistleblower des Alltags und nicht zuletzt auf die notwendige praktische, juristische und auch materielle Unterstützung, um diesen wichtigen Schritt nicht alleine gehen zu müssen.

Für das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung, für eine bessere Umwelt, für den Schutz von engagierten Whistleblowern des Alltags, die man nicht entmutigen sollte, sondern sie unterstützen und sich mit ihnen solidarisch zeigen!

 

 

 

 

 

 

 

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