Streusalz-Mail an den Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr, Thomas Conradt

28.11.2017 20:31
Sehr geehrter Herr Conradt,
als Leiter des Landesbetriebes Straßenbau und Verkehr unterstehen Ihnen 26 Straßenmeistereien für rund 10000 km Autobahnen, Bundes-, Landes- und Kreisstraßen in Schleswig-Holstein.
Wir sind normalerweise ein Land ohne Winter, oft auch ohne Sommer. In den letzten Jahren gab es in den Sommermonaten nicht selten einstellige Nachttemperaturen (z.B. Ende August 2016 mehrere Tage um
5°C), während im Dezember oft zweistellige Temperaturen gemessen werden. Im Sommer käme allerdings niemand auf die Idee, bei zweistelligen Temperaturen die Straßen zu salzen.
 
Ich dokumentiere das Winterdienstverhalten auf unseren Straßen seit Jahren. Es fällt auf, dass ab Mitte November sehr oft ohne jegliche Gefahrenlage gesalzen wird, und zwar auffällig oft an Wochenenden in der Nacht von Samstag auf Sonntag, und das auch noch auf sehr wenig befahrenen Straßen. – Aktuell war dies zu beobachten am vergangenen Wochenende, wie hier auf der L 218 auf ganzer Länge zwischen Mölln und Sterley. Die Witterung war feucht und niederschlagsfrei, am Sonntagvormittag herrschten Temperaturen um die 10°C...
 
Man muss sich schon fragen, was solche Aktionen bewirken sollen – insbesondere wenn man sich das ungleichmäßige Streubild der verwendeten Feucht- und Trockensubstanzen betrachtet. Die auf den letzten drei Bildern gezeigten Solebatzen befanden sich bereits in zunehmender Auflösung.
Folgende Aufnahmen machte ich Anfang des Jahres zwischen Kühsen und Niendorf bei absolut trockener, fast frühlingshafter Witterung: die halbkreisförmigen Streubilder weisen auf veraltete Streufahrzeuge mit ungenügender Justierung hin. Noch dazu wird vollkommen unnötigerweise giftiges Salz in die Umwelt ausgebracht...
Auf Ihrer Webseite beteuern Sie, dass auf die Dosierung besonderer Wert gelegt wird...
>>Die Überprüfung der Räum- und Streufahrzeuge sowie der gesamten Winterdienstgeräte auf Betriebsfähigkeit. Dabei wird besonderer Wert auf die Überprüfung der Dosiereinrichtungen der Streugeräte gelegt.<<
Meine langjährigen Beobachtungen ergeben leider sowohl was die auslösenden Einsatz-Situationen als auch die angewandten Dosierungen betrifft, gegenteilige Resultate. Hier ein Beispiel aus Mölln...

Bei schönstem Frühlingswetter wird massenweise Salz ausgebracht, das direkt in die Kanalisation und damit in unsere Gewässer gelangt. In Kläranlagen macht das Natriumchlorid große Probleme. Es tötet nützliche Kleinlebewesen und fördert Korrosion.

Nach dem strengen Winter 2012 /2013 machten unsere Straßenbäume im Sommer schlapp (Aufnahme eines vollkommen vertrockneten Baumes an der Möllner Hauptstraße 2013)...
Was ein einziger Teelöffel Salz in einem kleinen “Ökosystem” ganzjährig anrichtet, habe ich in diesem Jahr mit meinem Salzversuch veranschaulicht. Die Auswirkungen sind fatal: der “gesalzene” Baum (rechts) ist bereits am 10. Juli entlaubt, das Pflanzsubstrat biologisch tot...
Was das Streuverhalten der städtischen und außerstädtischen Winterdienste betrifft, ist von einem wirklichen Bewusstsein für die kumulierenden schädlichen Auswirkungen von Natriumchlorid nichts zu merken. Es scheint hier sehr stark um Besitzstandswahrung, nicht zuletzt auch bezüglich Arbeitsstunden an Wochenenden zu gehen, was natürlich niemand offen zugeben würde. Es ist auf alle Fälle traurig, wenn man manche Arbeitsplätze nicht anderweitig sichern kann als mit dem oftmals vollkommen sinnlosen Ausbringen von Umweltgift.
Ich hoffe, dass im vor uns liegenden Winter vielleicht auch der Nachhaltigkeitsgedanke in die Tätigkeit der Winterdienste einziehen wird. Dass Salz im Verkehr mehr Sicherheit bringt, ist überdies ein Märchen: bei Abwesenheit (!) von Streusalz  gibt es 25% weniger Verkehrstote. Wirkliche Sicherheit wird nur durch angemessene Fahrweise garantiert!
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Beate Schicker
Ärztin, Psychotherapeutin und Umweltaktivistin in Mölln

 

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