"Gegen den Winter gerüstet"? - Mit dieser "Waffe" bekämpfen wir uns nur selbst... / Erschreckende Unkenntnis über Wirkungen von Streusalz

01.12.2017 16:37

Lübecker Nachrichten vom 14.11.2017: Strahlend lässt die Mitarbeiterin vom Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr eine Portion Salz durch ihre Hände rinnen, als ob es eine Glücksdroge wäre...

"Gut gerüstet" sei man gegen den Winter - Kriegsrhetorik gegen eine Jahreszeit, und die chemische Waffe heißt Natriumchlorid!

"Der Salzverbrauch ist seit den 70er Jahren gesunken", jubelt der Artikel und verschweigt geflissentlich, dass kein Gramm des eingebrachten Salzes jemals wieder aus unserem Ökosystem verschwindet!

Was ein einziger Teelöffel Salz aus einem Miniatur-Ökosystem macht, veranschaulicht eindrucksvoll mein Salz-Versuch.

Doch die Medien ziehen alljährlich mit 100%iger Vorhersagbarkeit die martialische Redewendung "gerüstet sein" aus der sprachlichen Mottenkiste...

Dabei dokumentieren gerade die Verantwortlichen für den Winterdienst oft eine erschreckende Unkenntnis der Materie: in diesem Artikel sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung (!), dass "Trockensalz in Heidenheim nur noch bei extremen Minustemperaturen und viel Schnee" verwendet werde. Dabei ist gerade Natriumchlorid in kristalliner Form bei Temperaturen unter -10° C unwirksam!

Bei "Vorbildern" wie Straßenmeistereien und kritiklosen, Salz verherrlichenden Publikationen in den Zeitungen fühlen sich natürlich auch Privatpersonen in ihrem satzungswidrigen Streusalz-Gebrauch bestätigt. Meist im November setzt in Mölln zum ersten Mal der "Winterbekämpfungs-Reflex" ein...

Mit dem Eintreffen der ersten Schneeflocken erwacht bei manchen Grundstücksbesitzern der Ehrgeiz, den Untergrund so schnell wie möglich wieder sichtbar zu machen...

Dabei verbietet die Möllner Straßenreinigungssatzung Salz und andere auftauende Stoffe, lässt sie nur als Beimengung in akuten Gefahrensituationen zu - beispielsweise bei Blitzeis. Doch bei ganz normalem nassem Schnee, der nach wenigen Stunden wegtaut, wird gesalzen...

Das Salz verschwindet bei diesen Wetterlagen schnell und lautlos aus unserer Wahrnehmung, ohne je eine nützliche Wirkung gehabt zu haben.

Viele Millionen Tonnen Streusalz jährlich: ein lautloser Giftanschlag auf unsere Umwelt!

Dabei sehen wir gar nicht, dass wir die Falschen treffen, wenn wir mit unserer "Anti-Winter-Waffe" um uns schießen. Die Schäden sieht man ja erst Monate später...

Googeln Sie nur einmal "gegen den Winter gerüstet": Sie erhalten in 0,6 Sekunden Millionen Ergebnisse. Ausnahmslos immer ist in diesem Zusammenhang vom Streusalz die Rede. Nie wird erwähnt, dass Streusalz ein gefährliches Umweltgift ist, das Milliardenschäden an Umwelt und Infrastruktur anrichtet.

Warum betrachten wir eine normale Jahreszeit als Feind? Seit Millionen von Jahren gibt es vier Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und unsere Vorfahren haben sich bestens mit ihnen arrangiert. Man brachte das Korn in die Speicher, das Vieh in den Stall, reduzierte die Aktivitäten im Freien auf das Nötigste - und nahm die Veränderungen in der Natur, wie sie nun einmal waren...

Doch wir modernen Menschen stehen unter einem Zwang, immer und jederzeit so schnell wie möglich von A nach B zu kommen: einem regelrechten Mobilitätswahn. Und wir wollen uns nicht anpassen, z.B. unsere Geschwindigkeit den Wetterverhältnissen - wir wollen rasen und keine Rücksicht nehmen. Der Verkehr und Güter müssen rollen, Geldströme müssen fließen - dazu passt keine Verlangsamung oder gar Stillstand.

Streusalz garantiert offenbar die "freie Fahrt durch den Winter" (so titelt dieser Tage die Würzburger Main-Post). Und es lässt sich so gut verbrämen, dass das Salz nur unserer Unangepasstheit und unserem Mobilitätswahn dient - vordergründig kann man immer mit "Sicherheit" argumentieren.

Dabei ist längst nachgewiesen, dass Streusalz Menschenleben kostet und vielfach kontraproduktiv ist: in diesem Blog-Artikel klärte ich anhand von eindeutigen Statistiken über die Streusalz-Lüge auf.

Aber Streusalz ist nun einmal unsere liebste Waffe gegen einen "Feind", der  - wie jedes Jahr - unaufgefordert kommen und garantiert auch von alleine wieder gehen wird...

Denken wir einfach mal ein bisschen nach, bevor wir reflexartig bei der nächsten Schneeflocke zum Salz greifen!

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