Was hinterlässt Stalaktiten mitten in der Stadt und "blüht" das ganze Jahr...?

23.06.2017 22:31

Mitte Juni vor dem Ratzeburger Dom: der Weg zum größten romanischen Kirchenbauwerk Norddeutschlands ist stilecht mit Rotklinker gepflastert - aber wir sehen auch einen weißlichen Belag...

Diesen Belag sieht man das ganze Jahr hindurch auf vielen Bürgersteigen und Plätzen mit Plattenbelag. Besonders ausgeprägt ist der Belag bei Temperaturanstieg nach nasser Witterung.

Ende März war es frühlingshaft warm. Bei diesem Wetter "blühten" nicht nur Frühlingsboten...

sondern es kommt auch - wie aus dem Nichts - das Streusalz von mehreren vergangenen Wintern ans Licht. Diese sogenannten "Ausblühungen" sieht man an wärmeren Tagen, wenn durch Verdunstungsvorgänge Salze an die Oberfläche getragen werden...

Der Weg zum Ratzeburger Dom (hier vor dem Tor zum Domhof) zeigte sich nach einem sonnigen Frühlingstag im März so...

Streusalz ist eine Substanz, die sich nur scheinbar in "Nichts" auflöst. Zwar wird das gelöste Natriumchlorid - wie hier zum rechten Bildrand hin - erst einmal für unser Auge unsichtbar...

Doch das Salz bleibt lange Zeit im Boden. Durch poröse Materialien wie Backstein oder Klinker wandert es bei bestimmten Wetterlagen mit verdunstendem Wasser an die Oberfläche, wo es sich in fester Form wieder ablagert.

Hier sehen wir, wie Unmengen Streusalz durch meterdicke Wände einer Autobahnbrücke wandern...

Am Möllner Stadthaus sehen wir das Phänomen ebenfalls. Auf der Treppe und dem Treppenabsatz wird im Winter fleißig Salz gestreut. Das ganze Jahr über sucht es sich seinen Weg in die Umwelt...

Unter dem Treppenabsatz sieht es so aus: das aggressive Salz führt zu Bauschäden - der Putz bröckelt...

Und in der Zeitung ist gar von "Stalaktiten" in Parkhäusern die Rede (Lübecker Nachrichten vom 26.März)...

Die Ursache dieser Tropfsteinhöhlen: Streusalz, das mit Tauwasser in Parkhäuser eindringt...

Insbesondere Bauwerke wie Brücken aus Stahlbeton sind anfällig für den salzbedingten "Betonkrebs". Schäden an der Infrastruktur  in Milliardenhöhe gehen auf Streusalz zurück...

Wiederholt schon habe ich auf den hohen Salzanteil im städtischen Streugut hingewiesen, der - ebenfalls durch Verdunstung und Auskristallisation - mit der Frühlingssonne an die Oberfläche wandert und dort "ausblüht"...

In der Natur verschwindet das Salz natürlich auch nicht. Es reichert sich im Boden und vor allem im Wurzelbereich der Bäume an. Wir sehen bei stark geschädigten Bäumen schon im Frühsommer abgestorbene Blattränder ("Blattrandnekrosen"), weil das aufgenommene Chlorid die Zellen zum Platzen bringt...

Die Bäume werden dadurch früher kahl - d.h. sie haben weniger Zeit, durch Photosynthese Masse zu bilden. Irgendwann wachsen sie nicht mehr. sondern schrumpfen förmlich ("Zurücksterben" nennen das die Fachleute).

Bei diesen beiden geschädigten Bäumen ist vor allem der rechte durch seinen Standort direkt am Fußgänger-Überweg besonders hohen Salzkonzentrationen ausgesetzt...

Wir sehen, dass er niedriger als sein Nachbar ist und schon viel mehr braune, abgestorbene Blätter hat.

Irgendwann sterben riesige Partien des geschädigten Baumes ab und er wird aus Sicherheitsgründen weit vor Ablauf seiner natürlichen Lebenserwartung zum Fällkandidaten...

Der vorzeitige Verlust führt dazu, Bäume viel häufiger ersetzen zu müssen, als es bei gesunden Bäumen der Fall wäre - es hat also erhebliche materielle/ ökonomische  Folgen!

Und so bringen es nicht nur Mauern, Böden und Gebäude an den Tag, sondern auch die Bäume durch ihren Zustand: Streusalz ist ein zerstörerisches Umweltgift, dass durch andere, ungefährliche Mittel ersetzt und letztlich zum Schutz unserer eigenen Lebensräume gebannt werden muss!

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