Alternative Wahrheiten und salzige Fakten - Gesetze die keiner kennt - Mail vom Umweltbundesamt

04.02.2017 14:46
Liebe Leser,
wir leben in der Zeit der “alternativen Wahrheiten” – doch die gibt es nicht erst, seit eine lebende Comicfigur Präsident des mächtigsten Landes der Erde geworden ist.
 
Schauen wir uns manche Gesetze mit hochtrabenden Namen an - wie das “Bundesbodenschutzgesetz”, nach welchem “Jeder, der auf den Boden einwirkt, sich so zu verhalten (hat), daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.” (BBodSchG § 4)
Abgesehen davon, dass sich offenbar seit der Rechtschreibreform niemand um die Schreibweise gekümmert hat, scheint das Gesetz auch inhaltlich ziemlich nutzlos zu sein. Wie ist es z.B. vereinbar mit hunderttausenden Tonnen giftiger nitrathaltiger Gülle, die Jahr für Jahr auf unsere Felder ausgebracht werden, oder mit bis zu 5 Mio. Tonnen umweltschädlichem Natriumchlorid  in Form von Sole oder Streusalz, die von Jahr zu Jahr in der Umwelt kumulieren und aus dem Ökosystem nicht mehr zu entfernen sind?
 
Wie ist es um die Gefahrenabwehr bestellt, wenn flächendeckend und rein prophylaktisch (!) ein Umweltgift auf vielen tausend Straßenkilometern ausgebracht wird – mit verschwindend geringem Nutzen im Vergleich zum Schaden – wie z.B. beim prophylaktischen Sole-Einsatz auf trockenen Straßen bei völliger Niederschlagsfreiheit...
Nur in einem Zeitfenster von wenigen Tagen – bis das Salz durch die Luftfeuchtigkeit aufgelöst wird und in den Boden geht – und bei einer ganz bestimmten (eher geringen) Niederschlagsmenge entfaltet die prophylaktisch aufgebrachte Sole ihre (hypothetische) unfallmindernde Wirkung. Und regelmäßig verschwiegen wird in diesem Zusammenhang, dass durch Salz die Unfallhäufigkeit nur für Sach- und geringe Personenschäden gemindert wird, nicht jedoch für Todesfälle im Straßenverkehr (s. hierzu mein Blogartikel unter Verwendung von Zahlen der Deutschen Verkehrswacht).
 
Wie sieht es mit der Gefahrenabwehr für den Boden aus, wenn es gilt, kommunale Satzungen umzusetzen und Streusalz-Sünder zur Kasse zu bitten? – Jährlich werden rund 500 Millionen (!) Euro an Bußgeldern für Parksünder erhoben, Streusalz-Sünder jedoch bleiben ungeschoren...
Ich versuche seit Jahren, am Beispiel Streusalz die Diskrepanz zwischen gesetzlichen Vorschriften und Realität aufzuzeigen. Diese scheint besonders eklatant zu sein, wenn es um die Umwelt geht. Da wird einfach eine hypothetische “Sicherheit” beschworen, und schon fühlt man sich im Recht. Und leider fühlt sich auch keine offizielle Stelle für die Durchsetzung des gesetzlich vorgegebenen Umweltschutzes zuständig.
Auf der kommunalen Ebene bedauert der Bürgermeister seine fehlende Zuständigkeit bzw. Exekutiv-Kompetenz...
Der Kommunalaufsicht sind angeblich ebenfalls die Hände gebunden...
Und auch das Umweltbundesamt - das mir dieser Tage zum ersten Mal eine Antwortmail schickte - sieht leider seine Pflichten offenbar nur darin, unverbindliche Handlungsvorschläge zu unterbreiten...
 
In den USA warnen inzwischen Wissenschaftler vor den fatalen Auswirkungen des fortgesetzten und ungebremsten Salzeintrags. In diesem Artikel (bitte anklicken) wird ausdrücklich vor immer höheren Salzkonzentrationen insbesondere in Grund- und Oberflächengewässern und letztlich im Trinkwasser gewarnt:
 
>> Salt is increasing in our groundwater, drinking water, rivers, lakes, streams, and wetlands,” Lake said. “The chloride portion is toxic in the freshwater environment… Salt dissolves in water and is usually forgotten. It seems to go away, but it doesn’t go away. All the salt we use ends up somewhere. In our region, it’s now in our freshwater. <<
 
Liebe Leser, wie Sie sehen, bin ich noch nicht müde geworden, auf die Umweltgefährdung durch hemmungslosen Salzgebrauch im öffentlichen und privaten Winterdienst hinzuweisen. Meine Streusalz-Mails, Fotodokumentationen und Blogartikel könnten schon ein dickes Buch füllen. Für heute wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende – und denken Sie daran: schon in ca. 4 Monaten werden Sie an besonders stark salzbelasteten Bäumen die ersten Blattrandnekrosen sehen – ein Hilfeschrei der Natur...
 
Es grüßt Sie herzlich Ihre
Beate Schicker
Ärztin und Umweltaktivistin in Mölln
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

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